Aufruf der Initiative Filmerbe in Gefahr

Der Verband der deutschen Filmkritik unterstützt den folgenden Aufruf der Initiative Filmerbe in Gefahr an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages endlich die notwendigen Schritte zu unternehmen, um das Filmerbe adäquat zu sichern und zugänglich zu machen:

 

An die Abgeordneten des Deutschen Bundestags.
Aufruf der Initiative „Filmerbe in Gefahr“

Die Große Koalition zwischen CDU, CSU und SPD bekannte sich in ihrem Koalitionsvertrag von November 2013 eindeutig zur dauerhaften Sicherung des nationalen Filmerbes. Sie versprach eine Digitalisierungsförderung durch den Bund und stellte entsprechende finanzielle Anstrengungen der Länder und der Filmwirtschaft in Aussicht. Sie sagte zu, die Stiftung Deutsche Kinemathek als eine der zentralen Einrichtungen zur Bewahrung und Zugänglichmachung des deutschen Filmerbes stärker als bisher zu unterstützen. Ebenso versicherte sie, auch das Bundesarchiv personell und finanziell zu stärken.

Trotz zahlreicher Appelle, Initiativen und Petitionen sind alle Versprechen und Versicherungen bis zum heutigen Tag uneingelöst:

  • Das Filmerbe ist weiter in Gefahr. Einerseits droht durch Alterungsprozesse, aber auch durch unbedachte Vernichtung der materielle Verlust von Archivfilmen. Andererseits verschwindet die deutsche Filmgeschichte immer mehr aus Kinos und Fernsehen, während für ihre digitale Sichtbarkeit zu wenig getan wird.
  • Die Digitalisierungsförderung des Bundes stagniert seit Jahren bei einer Million Euro für ausgewählte Mitglieder des Kinematheksverbundes.
  • Die Verhandlungen über eine Beteiligung der Länder und der Filmwirtschaft an der Digitalisierungsförderung kommen nicht voran.
  • Anstatt die Deutsche Kinemathek zu stärken, ist im Etat für 2017 eine Kürzung ihres Haushalts vorgesehen.
  • Mit der Schließung des dem Bundesarchiv-Filmarchiv angeschlossenen Kopierwerks wird eine der letzten analog arbeitenden Einrichtungen in Deutschland unter dem Druck ökonomischer Zwänge beseitigt. So werden vollendete Tatsachen geschaffen, bevor vom Kinematheksverbund eine Gesamtstrategie für die Sicherung des Filmerbes erarbeitet wurde.
  • Das Bundesarchiv-Filmarchiv wird nicht gestärkt. Vielmehr beschränkt es sich wegen der Sparzwänge ausschließlich auf die Digitalisierung, d.h. auf eine Technologie, die unter internationalen Experten als ungeeignet für eine dauerhafte Sicherung gilt, solange noch keine Langzeitmodelle zur Speicherung digitaler Daten existieren und die Digitalisate mithin dem Risiko des Datenverlusts und der schnellen Überalterung von Dateiformaten ausgesetzt sind.

 

Kulturstaatsministerin Dr. Monika Grütters erklärte jüngst die Digitalisierung des deutschen Filmerbes zur „Jahrhundertaufgabe“. Wir fordern die Politiker der Großen Koalition auf, sich dieser Jahrhundertaufgabe verantwortungsvoll zu stellen und die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags endlich umzusetzen.

Wir fordern:

  • die Schaffung eines dauerhaften und mit angemessenen Mitteln ausgestatteten Fonds für eine zweigleisige konservatorische Sicherungsstrategie, die sowohl die Herstellung langzeitstabiler analoger Sicherungskopien als auch die Herstellung und Archivierung digitaler Kopien erlaubt.
  • die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle, um die Fördermittel angemessen auf die Mitglieder des Kinematheksverbunds sowie auf weitere Archive mit Filmbeständen in Bund, Ländern und Kommunen und auf Privatarchive mit relevanten Beständen zu verteilen,
  • finanzielle Mittel für den Aufbau eines dringend benötigten Film-Gesamtkatalogs,
  • eine höhere finanzielle und personelle Ausstattung der Mitglieder des Kinematheksverbundes, damit sie die Funktionen einer zentralen deutschen Kinemathek und eines Filmarchivs erfüllen können,
  • die Bewahrung der analogen Kopiertechnik in Deutschland und einer entsprechenden technischen und fachlichen Infrastruktur.

http://www.filmerbe-in-gefahr.de

Aufruf als pdf.

 

Erstunterzeichner: Claudia von Alemann, Regisseurin / Dr. Dirk Alt, Historiker / Dr. Anna Bohn, Filmwissenschaftlerin / Prof. Norbert Grob, Filmwissenschaftler / Prof. Vinzenz Hediger, Filmwissenschaftler / Prof. Jan-Christopher Horak, Direktor des UCLA Film & Television Archive / Alexander Horwath, Direktor des Österreichischen Filmmuseums / Prof. Dietrich Leder, Medienwissenschaftler / Juliane Maria Lorenz, Präsidentin der Rainer Werner Fassbinder Foundation / Jeanine Meerapfel, Präsidentin der Akademie der Künste Berlin / Peter Nestler, Regisseur / Prof. Christine Noll Brinckmann, Filmwissenschaftlerin / Harald Petzold, MbB / Rosa von Praunheim, Regisseur / Edgar Reitz, Regisseur / Volker Schlöndorff, Regisseur / Wolfram Schütte, Publizist / Prof. Marcus Stiglegger, Filmwissenschaftler / Thomas Tode, Filmhistoriker / Bernd Upnmoor, Regisseur / Prof. Chris Wahl, Filmwissenschaftler / Alexander Zöller, Filmwissenschaftler