VDFK-Tagung Filmkritik online

Ekkehard Knörer: Schreiben im Netz
(Zusammenfassung)

Seminar 1990 Es begann mit einem Fehlstart, vor drei  Monaten gab es online eine Debatte, ausgelöst von dem Text, den Filmkritiker Josef Schnelle am 14. August 2008 in der Berliner Zeitung veröffentlichte. Schnelle behauptete, mit der Möglichkeit für jedermann Texte im Internet zu veröffentlichen, schwindet die Qualität der Filmkritik. Man müsse eine Linie markieren, hinter der amateurhafte Filmkritik beginne. Knörer sieht darin zwei falsche Prämissen: 1. Nicht jeder kann Filmkritiken schreiben, denn das Interesse für ernsthafte Filmkritik ist begrenzt. 2. Blogs haben sehr wohl mit seriöser Filmkritik zu tun, das beweisen viele Online-Schreiber.

Knörer setzt entgegen, dass viele Online-Filmkritiken den Formenreichtum des Schreibens und Denkens über Film bereichern, die etablierte Filmkritik durch die im Internet präsentierten Filmkritiken nur gewinnen kann.

Er führt Matt Zoller Seitz an. Der für den Pulitzer-Preis nominierte Online-Schreiber startete 2006 sein Blog "The House next Door" und veröffentliche eine lange Kritik über "The New World" (Regie: Terrence Malick), der seiner Meinung nach von der Filmkritik nicht richtig gewürdigt wurde. www.thehousenextdooronline.com wurde allmählich zu einem Gemeinschaftsblog, bekam also eine Eigendynamik.

Im Netz gibt es das weite Genre-Spektrum der Filmkritik. Natürlich gibt es Texte von unterschiedlicher Qualität, aber viele könnten auch in US-Stadtmagazinen erscheinen wie "Village Voice". Die Texte sind nicht amateurhaft, vielmehr kommen zentrale Formen zusammen, denn das Netz bietet die völlige Freiheit, über das zu schrieben, was man will – ohne Druck, ohne Zielgruppenfixierung, ohne Längenbegrenzungen.

Knörer stellt die These auf, dass es eine Trennung zwischen Kritikern und Journalisen gibt: Kritikern ist es zuwider die Kritik als Serviceleistung zu verstehen, etwa das Schreiben über große Filmstarts. Während der Kritiker mit Leidenschaft ihrem Gegensand verpflichtet ist, ist der Journalist seiner Leserschaft verpflichtet. Der Kritiker ist immer auch Autor. Das macht im Print auch Kompromisse unausweichlich – manche Kritiker laufen dabei allerdings auch zu Höchstform auf.

Im Netz dagegen gibt es unbegrenzter Raum und das Verhältnis zum Leser ist ein anderes. Die Leserschaft im Netz ist eher eine kommende Gemeinschaft, nicht vorher fixierbar. Dass man alles tun kann, was man will im Netz hat auch negative Seiten, denn Freiheit kann lähmen.  

Das Netz erzeugt Kohäsionen und Verdichtungen eigener Art. Jeder Blog ist nicht nur Sender, sondern zugleich schon ein Knotenpunkt, wo gesammelt, gesucht und selektiert wird. Die Aufmerksamkeit wird verteilt und umverteilt.

Beispiele dafür in Deutschland:

www.perlentaucher.de

www.media.de

für Kinos/Film –  in Ansätzen:

www.angelaufen.de

www.filmzeit.de

im englischen Sprachraum:

http://daily.greencine.com

(Blog von David Hudson, wird mehrmals täglich aktualisiert. Er sortiert alles, was im Netz in englischer Sprache  über Film zu finden.

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Es weiß keiner, ob die Filmkritik in der Tageszeitung überlebt. Die Ersetzung herkömmlicher Autoritäten durch das Internet bedeutet eine große Umwälzung. Im Netz werden diese Art von Autoritäten unterlaufen, ein Blog im Netz kann genauso viel Aufmerksamkeit (Leser) bekommen wie eine Filmkritik in der New York Times.

Aber: alles, was nicht in englischer Sprache verfügbar ist, wird netzweit nicht wahrgenommen.

Die Situation in den Printmedien wird täglich prekärer. Ob und inwiefern man davon leben kann, wird immer schwerer. Aus Berufsverbandsebene ist das schlimm, fürs Schreiben aber nicht, denn der Vielfalt der Diskussion muss es nicht schaden, dass die Autoren vom Schreiben im Netz nicht leben können oder müssen.

Beispiele für gute Filmkritiken im Netz:

Englisch:

www.somecamerunning.typepad.com

www.academichack.net

www.filmref.com (strictly film school)

Französisch:

http://zohiloff.typepad.com/kuhe_in_halbtrauer/

Deutsch:

http://filmtagebuch.blogger.de

http://somedirtylaundry.blogspot.com

www.critic.de

www.newfilmkritik.de

www.cargo-film.de

 

(Zusammenfassung von : Andrea Dittgen)