Preis der deutschen Filmkritik 2020 für „Giraffe“ / Ehrenpreis für Tamara Trampe

Die Preise der deutschen Filmkritik 2020 stehen fest. Der Verband der deutschen Filmkritik zeichnet „Giraffe“ von Anna Sofie Hartmann als besten Spielfilm des Jahres aus. Bester Dokumentarfilm ist „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ von Yulia Lokshina, bester Kinderfilm „Zu weit weg“ von Sarah Winkenstette. Von den sechs Preisen, die an Filme vergeben werden, gehen fünf an Regisseurinnen. Die Dokumentarfilmerin Tamara Trampe wird für ihr Lebenswerk geehrt.

Giraffe (Foto © Grandfilm)

Berlin, 22. Februar 2021

Am heutigen Montag gibt der Verband der deutschen Filmkritik (VdFk) die Verleihung der Preise der deutschen Filmkritik in 12 Kategorien bekannt. Zum besten Spielfilm des Jahres 2020 küren die Kritiker*innen „Giraffe“ von Anna Sofie Hartmann. Der zweite Langspielfilm der aus Dänemark stammenden, in Berlin lebenden Regisseurin spielt im deutsch-dänischen Grenzgebiet und beschäftigt sich mit Fragen der Migration, der Herkunft und des Zusammenwachsens Europas.

Zum Besten Kinderfilm wird „Zu weit weg“ von Sarah Winkenstette gekürt, den Preis für den Besten Dokumentarfilm nimmt Yulia Lokshina für „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ entgegen. Tom Otte gewinnt für seinen Kurzfilm „For Reasons Unknown“; als bester Experimentalfilm wird „Untitled Sequence of Gaps“ von Vika Kirchenbauer ausgezeichnet.

Mit dem Preis für das beste Spielfilmdebüt wird Melanie Waelde für „Nackte Tiere“ ausgezeichnet. Der Preis für das beste Drehbuch geht an Ulrich Köhler und Henner Winckler für „Das freiwillige Jahr“. Mit den Darstellerpreisen werden Nina Hoss für „Das Vorspiel“ und „Pelikanblut“, sowie Mišel Matičević für seine Darstellung in Visar Morinas „Exil“ ausgezeichnet. Burhan Qurbanis „Berlin Alexanderplatz“ wird mit zwei Preisen geehrt: Dascha Dauenhauer für die beste Musik und Philipp Thomas für die beste Montage. Mit dem Preis für die beste Kamera wird Martin Neumeyer für seine Arbeit an Leonie Krippendorffs „Kokon“ ausgezeichnet.

Tamara Trampe (Foto: privat)

Mit dem Ehrenpreis zeichnet der Verband der deutschen Filmkritik 2020 Tamara Trampe aus. Mit ihren vier Dokumentarfilmen hat Tamara Trampe – zusammen mit ihrem Regiepartner und Kameramann Johann Feindt – ein Werk geschaffen, das in seiner moralischen Komplexität, seiner Schonungslosigkeit, aber auch Empathie gegenüber seinen Protagonisten einzigartig ist.

Im Mittelpunkt steht dabei immer wieder das komplexe Verhältnis zwischen Individuum und den übergeordneten historischen Ereignissen und Umständen, denen es ausgeliefert ist – zu deren Instrument es aber auch werden kann. Wie etwa der Stasi-Offizier Jochen Gierke, der in Trampes Debüt „Der schwarze Kasten“ (1992) seine Verstrickung in ein Überwachungsregime zu rechtfertigen sucht. Der mit einem Grimme-Preis ausgezeichnete „Weiße Raben – Alptraum Tschetschenienkrieg“ (2005) zeigt, wie der Krieg das Leben junger Menschen zerstört, wie aber auch aus Opfern Täter werden. Ihr poetischster Film „Wiegenlieder“ (2010) spürt anhand der Schicksale verschiedener Berliner den Bruchlinien verworrener Schicksale nach. Mit ihrem persönlichsten Film „Meine Mutter, ein Krieg und ich“ (2014) wendet sich Trampe der Geschichte ihrer Mutter und der eigenen Geburt im Kriegswinter 1942 zu.

Neben ihrer Tätigkeit als Filmemacherin arbeitet Trampe seit Jahrzehnten als Dramaturgin, zunächst über zwanzig Jahre im DEFA-Studio für Spielfilme, später freiberuflich. Außerdem prägte sie als Dozentin an verschiedenen Filmhochschulen den deutschen Filmnachwuchs.

Die Verleihung des Ehrenpreises an Tamara Trampe soll im Sommer, voraussichtlich kurz vor der Juni-Berlinale, physisch stattfinden, mit Gästen und Laudator*innen, begleitet von einer Filmvorführung im Kino.

Als einziger deutscher Filmpreis, der ausschließlich von Kritiker*innen vergeben wird, zeichnet der Preis der deutschen Filmkritik seit 1956 deutsche Filme aus, die nicht nach wirtschaftlichen, länderspezifischen oder politischen Kriterien bewertet werden, sondern ausschließlich nach künstlerischen. Über die Preisvergabe entscheiden Jurys aus Mitgliedern des Verbandes der deutschen Filmkritik .

Das Pressedossier mit den Jurybegründungen zum Download.


PREIS DER DEUTSCHEN FILMKRITIK 2020

Bester Spielfilm
Giraffe (Anna Sofie Hartmann)

Bestes Spielfilmdebüt
Nackte Tiere (Melanie Waelde)

Bester Dokumentarfilm
Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit (Yulia Lokshina)

Bester Kinderfilm
Zu weit weg (Sarah Winkenstette)

Bester Kurzfilm
For Reasons Unknown (Tom Otte)

Bester Experimentalfilm
Untitled Sequence of Gaps (Vika Kirchenbauer)

Beste Darstellerin
Nina Hoss (Das Vorspiel & Pelikanblut)

Bester Darsteller
Mišel Matičević (Exil)

Bestes Drehbuch
Ulrich Köhler & Henner Winckler (Das freiwillige Jahr)

Beste Bildgestaltung
Martin Neumeyer (Kokon)

Beste Musik
Dascha Dauenhauer (Berlin Alexanderplatz)

Beste Montage
Philipp Thomas (Berlin Alexanderplatz)