Fragen zur Durchführung der Berlinale 2022

In den letzten Tagen haben uns Fragen zur konkreten Durchführung der Berlinale 2022 erreicht, auch wurde uns gegenüber Kritik am Prozedere der Berlinale formuliert, keine Links für die berichterstattende Presse zur Verfügung zu stellen. Der Verband der deutschen Filmkritik hat sich daher vergangene Woche mit einer Anfrage zu Durchführung und Arbeitsbedingungen an die Berlinale-Presseabteilung gewandt, deren Antworten wir hier zusammenfassen.

Grundsätzlich begrüßt der Vorstand mehrheitlich, dass die Berlinale 2022 im physischen Format stattfinden wird. Auch die getroffenen Corona-Maßnahmen erscheinen uns sinnvoll, so die täglichen Tests auch der Geboosterten und die Online-Reservierungen.

Dieses Jahr erwartet die Berlinale 1670 Presseakkreditierte (2019: 3500). Die Platzkontingente für die Pressevorführungen seien laut Pressesprecherin Frauke Greiner proportional zu den Saalkapazitäten angepasst worden, so dass die „Chance auf einen Platz mindestens so hoch ist wie vor der Pandemie“. Als Schreibraum hat die Berlinale eine „Presse WiFi Lounge“ im Untergeschoss des Berlinale-Palastes eingerichtet. Dort stehen etwa 45 Arbeitsplätze mit WLan-Zugang zur Verfügung, außerdem ein Counter mit Presseheften (soweit vorhanden) zu den Filmen. Gearbeitet werden kann nur am eigenen Laptop.

Bis zu 45 Minuten vor Filmbeginn ist es laut Auskunft der Berlinale möglich, bereits gebuchte Tickets zu stornieren, um diese wieder für die Presse freizugeben. Im Umkehrschluss heißt das, dass je nach Zahl der Stornierungen 45 Minuten vor Filmbeginn auch wieder Last Minute Tickets online verfügbar sein sollten.

Zur Organisation des Einlasses schreibt die Berlinale, dass die „Dynamik von zügigen Kinoeinlässen bei der Planung bedacht“ wurde. Dennoch sei „nicht kategorisch“ auszuschließen, dass es zu „unvorhersehbaren Verzögerungen“ kommen könnte.

Unsere Anfrage zur Handhabe der Bestimmung, dass bei einem mehr als zweimaligem Ausfall getätigter, aber nicht wahrgenommener Reservierungen die Buchungsmöglichkeit weiterer Tickets entzogen werden kann, blieb leider ohne Antwort. Im Vorstand verstehen wir die Bestimmung als Maßnahme, die vermeiden soll, dass reservierte Tickets ohne Not nicht wahrgenommen werden. Dennoch steht zu befürchten, dass Unregelmäßigkeiten im Ablauf schnell zu ungenutzten Tickets führen können und Buchungsmöglichkeiten unverschuldet entzogen werden. Wir haben unsere Bitte nach Kulanz in der Umsetzung daher noch einmal gestellt. Edit am 7. Februar, Auskunft der Pressestelle: Wenn jemand oft unabgesagt Tickets verfallen lässt, wird die Person ggflls. direkt kontaktiert werden. Ansonsten wird darum gebeten, die Stornierungsmöglichkeit zu nutzen und einen „verantwortungsvollen Umgang“ mit Buchungen zu praktizieren, damit nicht wahrgenommene Tickets für andere Kolleg*innen frei werden.

Auf unsere Bitte an die Berlinale, im besonderen Corona-Jahr 2022 den akkreditierten Journalisten im Rahmen der Möglichkeiten einen Online-Zugang zu den Berlinale-Filmen zu gewähren, etwa zu den Streams, die im European Film Market ohnehin bereits für die Fachbesucher zur Verfügung stehen, verweist die Berlinale auf eine „andere Pandemiesituation als 2021“, in der die Kinos bis zum Frühsommer geschlossen waren und „der Lockdown alle gesellschaftlichen Bereiche“ betraf. „Nur aufgrund der Ausnahmesituation“ sei es für Filmemacher*innen und Filmrechteinhaber*innen eine Option gewesen, der Online-Sichtung 2021 zuzustimmen. „Viele Filme hätten [2022] einer Online-Sichtung gar nicht zugestimmt bzw. hätten aufgrund ihrer Produktionsbedingungen kein Recht gehabt, online angeboten zu werden.“ Für die Online Market Screenings bestimme der „Rechteinhaber, welche Marktteilnehmer*innen oder Teilnehmer*innengruppen“ Zugriff auf die Vorführungen hat.

Abschließend begründet die Berlinale ihre Entscheidung für ein Präsenzfestival 2022 damit, dass „Kinokultur ganz stark vom gemeinsamen Kinoerlebnis profitiert. Dies entspricht auch dem Wunsch der Filmemacher*innen und Rechteinhaber*innen.“

Alle, die sich aufgrund der pandemischen Lage oder aus anderen Gründen gegen eine Teilnahme bei der Berlinale entscheiden, können noch bis zum Moment der Freischaltung des Online Ticket Shops von ihrer Akkreditierung zurücktreten und die bereits entrichtete Gebühr zurückerstattet bekommen. Die Stornierung ist noch bis einschließlich 7. Februar 2022 möglich. 

Wir empfehlen unseren Mitgliedern, im Zweifelsfall Screening-Links bei den Rechteinhabern wie Verleih, Produktion und World Sales anzufragen – und ansonsten der Berlinale die Chance für ein schönes Kinoerlebnis einzuräumen.

Wir wünschen allen ein gutes Festival!

Edit 8.2.2022: Es haben sich bei uns nach Veröffentlichung dieses Schreibens Mitglieder zur automatischen Sitzplatzvergabe bei den Pressevorstellungen gemeldet. Auf unsere Nachfrage hin, ob diese aufgehoben werden könnte, formuliert die Berlinale ein Bewusstsein für die Problematik, da hier „nicht die idealste Online-Ticketing-Lösung“ gefunden wurde. Grundsätzlich bestehe ein Verständnis für die Kritik. Allerdings sollte man wisse, dass keineswegs „identische Systeme“ für die Platzreservierungen bei den Publikums- und Pressevorstellungen im Einsatz seien. „Die Priorität im ersten Jahr“ sei es gewesen, „eine sichere Performance [des neuen] Systems zu gewährleisten“. Das sei nur mit der automatischen Sitzplatzbuchung möglich, so Pressesprecherin Frauke Greiner, die darauf hinweist, dass die Umstellung des Systems rein technisch für die Berlinale 2022 „nicht umsetzbar“ sei, aber „künftig weiter optimiert werden“ soll.