EMAF Medienkunstpreis des Verbands der deutschen Filmkritik 2023 vergeben

Unter dem Motto „Trembling Time“ fand in der Zeit vom 19. bis 23. April 2023 zum 36. Mal das European Media Art Festival (EMAF) statt. Zum zehnten Mal wurde beim Medienkunstfestival in Osnabrück der EMAF Medienkunstpreis des Verbands der deutschen Filmkritik vergeben.

Der inzwischen mit 2.000 Euro dotierte Preis ging in diesem Jahr an Living Room under the Flyover, einen in Taiwan entstandenen 14-minütigen Film der polnischen Medienkünstlerin Karolina Breguła, der im Internationalen Wettbewerb zu sehen war. Zudem versah die Jury einen weiteren Film aus dem Internationalen Wettbewerb mit einer besonderen Auszeichnung. Sie ging an Es gibt keine Angst, einen 31-minütigen Film der deutschen Medienkünstlerin Anna Zett.

Über die Auszeichnungen entschieden in der VdFk-Jury die Filmkritiker*innen Rainer Bellenbaum, Bettina Hirsch und Luca Schepers.

v.l.n.r.: Luca Schepers, Bettina Hirsch, Rainer Bellenbaum, Karolina Breguła, Anna Zett.
Foto: Kerstin Hehmann

Der EMAF Medienkunstpreis des Verbands der deutschen Filmkritik geht an:

Living Room under the Flyover 

Taiwan 2021 

Regie, Kamera, Buch: Karolina Breguła 

In Zusammenarbeit mit Shi-Fen Zhang, Rong-Yu Li und Ya-Qiao Li

Begründung der Jury

Living Room under the Flyover, eine Zusammenarbeit von Karolina Breguła, Shi-Fen Zhang, Rong-Yu Li and Ya-Qiao Li, überzeugt durch seine kinematografisch sensible Darstellung einer politischen Protestaktion gegen Wohnungsverdrängung in Taiwan. In Anlehnung an die Inszenierung und Performance einer prekären Wohnsituation unter der Autobahnbrücke im Bahnhofsviertel von Tainan, verknüpft der Film souverän komponierte Bildeinstellungen im Wechsel zwischen statischer Fotografie und subtiler Dynamik. Indem der Film somit das Publikum in die Position des Aufspürens und Begutachtens von Bewegung bzw. Stillstand versetzt, findet der Film nicht zuletzt Ausdruck für den langen Atem, der den Teilerfolg des politischen Widerstandes schließlich ermöglichte. 

Living Room under the Flyover © Karolina Breguła

Eine Besondere Auszeichnung der Jury geht an:

Es gibt keine Angst 

Deutschland 2023  

Regie, Montage, Produktion: Anna Zett

Begründung der Jury:

Dieser Film widmet sich der Frage, welche Haltung man im Nachhinein zu einem revolutionären Vorgang einnehmen kann und ob es möglich ist, durch den künstlerischen Umgang mit Archivmaterial retrospektiv ein Teil der Revolution zu werden. Er tastet sich vorsichtig an seine Geschichte heran und sucht beständig nach einer Haltung zum von ihm beobachteten historischen Geschehen. Die Bilder stellen einen Gedankenprozess dar und laden das Publikum gleichzeitig ein, eine eigene Haltung zum Geschehen zu entwickeln. Sowohl seine Auseinandersetzung mit einem fast vergessenen Teil ostdeutscher Geschichte als auch sein formales Bewusstsein, von einer bereits vergangenen Zeit mit Archivmaterial zu erzählen, machen diesen Film zu einer besonderen Erfahrung.

Es gibt keine Angst © Anna Zett

Das Fazit der Jury:                                                                                                                           

Die tollsten Filme des diesjährigen Festivals waren diejenigen, welche uns Bilder gezeigt haben, die nach neuen Erzählformen suchen, auf der Suche nach neuen Gedanken sind und eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Gesehenen und Gefühlten ermöglichen. 

Die Jury: Rainer Bellenbaum, Bettina Hirsch, Luca Schepers. Foto: Kerstin Hehmann